Die nahtlose Verlängerung der Elternzeit über die ersten beiden Lebensjahre eines Kindes hinaus ist nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig. Dies hat das LAG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 20.09.2018, Az.: 21 Sa 390/18, entschieden.

Eltern müssen sich festlegen, von wann bis wann sie Elternzeit innerhalb der ersten zwei Lebensjahre ihres Kindes nehmen wollen (§ 16 Abs. 1 S. 2 BEEG). An diese Festlegung sind sie gebunden. Nach Ablauf dieser Bindungszeit können die Eltern aber über ihren restlichen Elternzeitanspruch wieder frei verfügen.

Daher ist die Inanspruchnahme von Elternzeit für das dritte Lebensjahr eines Kindes im Anschluss an die Elternzeit während der ersten beiden Lebensjahre nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig.

Anspruch auf Elternzeit grundsätzlich bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres

Eltern haben einen Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes (§ 15 Abs. 2 S. 1 BEEG). Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann auch zwischen dem dritten Geburtstag und dem achten Geburtstag des Kindes genommen werden.

Elternzeit für die ersten zwei Jahre muss lediglich rechtzeitig schriftlich verlangt werden

Wer Elternzeit in den ersten drei Lebensjahren seines Kindes verlangen will, muss dies spätestens sieben Wochen vor dem Beginn schriftlich mitteilen. Zugleich muss angegeben werden, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren die Elternzeit genommen werden soll (§ 16 Abs. 1 S. 1 und 2 BEEG). Bei dem Elternzeitverlangen für die ersten zwei Jahre handelt es sich nicht um einen Antrag, dem der Arbeitgeber zustimmen muss. Vielmehr tritt durch die bloße schriftliche Mitteilung, von wann bis wann Elternzeit innerhalb der ersten zwei Jahre genommen werden soll, die Elternzeit zum gewünschten Zeitraum in Kraft.

Elternzeitverlangen für die ersten zwei Jahre ist verbindlich

Die Angaben im Elternzeitverlangen, für welche Zeiten Elternzeit innerhalb der ersten zwei Jahre genommen werden soll, sind verbindlich. Beantragt ein Elternteil Elternzeit nur bis zum ersten Geburtstag seines Kindes, ist er hieran gebunden. Soll die Elternzeit innerhalb der ersten zwei Jahre nun doch noch um ein weiteres Jahr verlängert werden, so kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dies also nicht allein entscheiden. In dieser Konstellation ist vielmehr die Zustimmung des Arbeitgebers zur Verlängerung notwendig (§ 16 Abs. 3 S. 1 BEEG).

Hintergrund dieser zweijährigen Bindungszeit ist die Planungssicherheit des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber, der z.B. für die Dauer der Elternzeit eine Vertretung einstellt, muss sich darauf verlassen können, dass der Elternteil nicht vorzeitig oder später aus der Elternzeit zurückkehrt.

Keine Zustimmung bei nahtloser Verlängerung notwendig

Es ist nach wie vor höchst umstritten (und durch das Bundesarbeitsgericht noch nicht geklärt), ob die Zustimmung des Arbeitgebers auch in dem Fall notwendig ist, dass ein Elternteil die Elternzeit zunächst auf die ersten beiden Lebensjahre seines Kindes beschränkt hat und später nahtlos Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes beansprucht.

Neben dem LAG Berlin-Brandenburg vertreten auch die Landesarbeitsgerichte Düsseldorf, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen die Auffassung, dass es sich bei der Geltendmachung von Elternzeit für das dritte Lebensjahr eines Kindes um ein zustimmungsfreies Verlangen handelt (§ 16 Abs. 1 S. 1 iVm § 15 Abs. 2 S. 1 BEEG).

LAG Berlin-Brandenburg: Wortlaut, Systematik und Gesetzeszweck sprechen gegen die Notwendigkeit einer Zustimmung

Wie hat das LAG seine Entscheidung nun begründet?

Aus dem Wortlaut und der Systematik des § 16 BEEG ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten drei Lebensjahre eines Kindes nur die erstmalige Inanspruchnahme von Elternzeit zustimmungsfrei sein solle.

Dem letzten Halbsatz des § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG lasse sich nicht entnehmen, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit im Anschluss an die Bindungsfrist von zwei Jahren von der Zustimmung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers abhängen solle. § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG regele nur, dass sich Beschäftigte, wenn sie für die Zeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen wollten, für zwei Jahre festlegen müssten, wann sie Elternzeit nehmen wollten. Eine Aussage zu der restlichen Zeit enthalte die Regelung nicht.

Der Wortlaut des § 16 Abs. 3 S. 1 BEEG, wonach die Elternzeit vorzeitig beendet oder im Rahmen des § 15 Abs. 2 verlängert werden kann, wenn der Arbeitgeber zustimmt, sei ebenfalls offen.

Demgegenüber spreche die Beschränkung der Bindungsfrist in § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG auf zwei Jahre dafür, dass Beschäftigte im Anschluss an die Bindungsfrist wieder frei disponieren könnten und lediglich die 7-wöchige Anzeigefristen einhalten müssten.

Denn wenn die weitere Inanspruchnahme von Elternzeit im Anschluss an den Zweijahreszeitraum von der Zustimmung des Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers abhängen sollte, hätte es nahegelegen, den Zeitraum, innerhalb dessen sich Beschäftigte bei Inanspruchnahme von Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes festlegen müssen, für welche Zeiten sie Elternzeit nehmen wollen, nicht auf zwei Jahre zu beschränken. Es hätte sich vielmehr angeboten, zu regeln, dass Beschäftigten, wenn sie Elternzeit für den Zeitraum bis zum zweiten Geburtstag verlangen, gleichzeitig erklären müssen, für welche Zeiten sie bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes Elternzeit nehmen wollen.

Schließlich spreche auch der Zweck, den der Gesetzgeber mit der Beschränkung der Bindungsfrist auf zwei Jahre verfolgt habe, dafür, dass eine nachträgliche Verlängerung der Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes nicht an die Zustimmung des Arbeitgebers gebunden sei.

Unter der Geltung des dem BEEG vorangegangenen Erziehungsgeldgesetzes mussten Beschäftigte vor dem Beginn der Elternzeit verbindlich erklären, für welchen Zeitraum sie innerhalb des maximalen Zeitraums bis zum dritten Geburtstag eines Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen wollen. Die Verkürzung der Bindungsfrist auf zwei Jahre diente so der neu eingeführten Möglichkeit, einen Teil der Elternzeit auf die Zeit zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes zu übertragen. Letztlich ging es um die Flexibilisierung der Elternzeit zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Eltern sollen sich nicht sofort, sondern erst später entscheiden müssen, ob sie ggf. auch für das dritte Lebensjahr ihres Kindes Elternzeit beanspruchen wollen oder ob sie einen Teil des Anspruchs für die Zeit zwischen dem dritten und dem achten Lebensjahr des Kindes aufheben wollen.

Dieses Ziel, Eltern durch die Verkürzung der Bindungsfrist mehr Entscheidungsflexibilität bei der Gestaltung der Elternzeit einzuräumen, werde aber konterkariert, wenn die spätere nahtlose Inanspruchnahme von Elternzeit für das dritte Lebensjahr eines Kindes im Anschluss an die ersten beiden Jahre Elternzeit von der Zustimmung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers abhängig wäre.

Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 20.09.2018 ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Es bleibt also noch einige Zeit ungeklärt, ob für die nahtlose Inanspruchnahme des dritten Jahres Elternzeit die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich ist oder nicht.