Eine Ausschlussklausel in einem Arbeitsvertrag, nach der alle Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Ausschlussfrist geltend gemacht und eingeklagt werden, erfasst auch Ansprüche aus Haftung wegen Vorsatzes. Das können Ansprüche aus einer vorsätzlichen Vertragsverletzung oder einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung wie Betrug oder Untreue sein. Eine solche Verfallklausel ist nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.11.2020 – 8 AZR 57/20 – unwirksam.

Forderung von Schadensersatz durch Arbeitgeber wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung der Arbeitnehmerin

Eine Arbeitnehmerin soll fiktive Rechnungen erstellt und von Geschäftskonten Überweisungen auf ihre privaten Konten bzw. Konten ihrer Gläubiger getätigt haben. Durch vorsätzliche Falschbuchungen soll sie u.a. mit Firmengeldern ihres Arbeitgebers eigene Verbindlichkeiten von mehr als 100.000 € getilgt haben.

In dem Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin war eine Ausschlussklausel enthalten. Nach dieser Klausel sollten alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei nicht innerhalb einer Frist von einem Monat eingeklagt werden.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und ordentlich. Ferner schloss er einen Abwicklungsvertrag mit der Arbeitnehmerin. Gegen die Kündigungen erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage. Gegen den Abwicklungsvertrag setzte sich die Arbeitnehmerin mit einer Anfechtung zur Wehr. Der Arbeitgeber wiederum verlangte von der Arbeitnehmerin Schadensersatz und verfolgte seinen Anspruch mit einer Widerklage.

Das Arbeitsgericht stellte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge der zuletzt ausgesprochenen ordentlichen Kündigung fest. Ferner bestätigte es die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung. Der Widerklage auf Schadensersatz gab es statt.

Die Arbeitnehmerin griff das Urteil der I. Instanz nur hinsichtlich ihrer Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz an. Das Landesarbeitsgericht wies ihre Berufung zurück. Hierbei stützte das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 8 AZR 280/12), wonach Ausschlussklauseln grundsätzlich keine Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung erfassen.

BAG hält an früherer Rechtsprechung zu Ausschlussklauseln und Haftung wegen Vorsatzes nicht mehr fest

Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtstreit zur weiteren Klärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Hierbei hat es folgende Hinweise erteilt:

Von einer pauschalen Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Vertragsbedingungen, nach welcher ausnahmslos alle Ansprüche verfallen, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen vom Anspruchsinhaber geltend gemacht und eingeklagt werden, werden auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung und einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfasst.

Eine solch weitreichende Verfallklausel verstößt jedoch gegen § 202 Abs. 1 BGB und ist aus diesem Grund gem. § 134 BGB nichtig.

Ein Arbeitgeber muss eine solche Verfallklausel nicht als Verwender der Klausel nach den sog. Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen. Denn diese Grundsätze finden keine Anwendung, wenn eine Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig ist. Dies gilt selbst in dem Fall, dass die Klausel zugleich wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers nach §§ 307 ff. BGB unwirksam sein sollte.