Für Mehrarbeit, die über die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit hinausgeht, können auch Führungskräfte und Arbeitnehmer, deren Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt („Besserverdiener“), eine Überstundenvergütung verlangen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2020 – 14 Sa 296/20).
Klauseln mit pauschaler Abgeltung von Überstunden durch das Gehalt auch bei sehr hoher Vergütung unwirksam
Zwar findet sich in Anstellungsverträgen von Führungskräften und Arbeitnehmern, deren Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, zumeist eine Regelung, nach der Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind.
Jedoch sind entsprechende Klauseln gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch in Anstellungsverträgen von Mitarbeitern, die Dienste höherer Art erbringen oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung erhalten, unwirksam. Das hat das BAG bereits mit seinem Urteil vom 17.08.2011 – 5 AZR 406/10 entschieden.
Vergütung von Überstunden wird in der Regel von Besserverdienern nicht erwartet
Die Unwirksamkeit einer Klausel zur pauschalen Abgeltung von Überstunden führt jedoch nicht ohne Weiteres zu einem Anspruch von Besserverdienenden auf Vergütung von Überstunden.
Denn einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es gerade bei Diensten höherer Art und einer deutlich herausgehobenen Vergütung nicht.
Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der besserverdienende Mitarbeiter objektiv eine Vergütung für Überstunden erwarten konnte. Ob eine solche Vergütungserwartung gem. § 612 BGB vorliegt, ist anhand eines objektiven Maßstabs zu bestimmen. Entscheidend sind u.a. die Gepflogenheiten der Branche und die konkrete Tätigkeit. Die persönliche Erwartungshaltung der Führungskraft oder des Mitarbeiters ist nicht maßgeblich.
Im Grundsatz geht das BAG davon aus, dass es bei Besserverdienenden an der objektiven Vergütungserwartung fehlt.
Kein Ausschluss von Überstundenvergütung für Mehrarbeit von Besserverdienern jenseits der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit
Das LAG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 20.09.2020 einschränkend festgestellt, dass dieser Grundsatz des BAG nicht für diejenige Mehrarbeit gelten könne, die über die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit hinausgehe.
Mit der Vereinbarung einer deutlich herausgehobenen Vergütung könne vielmehr lediglich die Vergütungserwartung für die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit ausgeschlossen werden. Denn das mit einem besserverdienenden Mitarbeiter vereinbarte Gehalt könne immer nur die Gegenleistung des Unternehmens für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit darstellen. Eine Arbeitszeit oberhalb der gesetzlichen Grenze des § 3 ArbZG könne jedoch nicht wirksam vereinbart werden.
Das LAG Düsseldorf hat dem betroffenen Mitarbeiter daher Überstundenvergütung zugesprochen. Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.