Keine Pflicht zur Aufnahme eines neuen Jobs während Freistellung nach Kündigung

2025-04-17T14:14:29+02:0014.04.2025|Tags: , , |

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig im Sinne des § 615 Satz 2 BGB anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24 – entschieden. Unwiderrufliche Freistellung und Stellenanzeigen anderer Arbeitgeber Der Arbeitnehmer war seit Ende 2019 bei dem Arbeitgeber beschäftigt, zuletzt als Senior Consultant. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.03.2023 ordentlich zum 30.06.2023. Außerdem stellte er den Arbeitnehmer unter Einbringung von Resturlaub unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Nach Zugang der Kündigung meldete sich der Arbeitnehmer Anfang April 2023 arbeitssuchend und erhielt von der Agentur für Arbeit erstmals Anfang Juli Vermittlungsvorschläge. Der Arbeitgeber übersandte dem Arbeitnehmer hingegen schon im Mai und Juni 2023 insgesamt 43 von Jobportalen oder Unternehmen online gestellte Stellenangebote. Alle Stellen kamen nach Einschätzung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer in Betracht. Auf sieben Stellenangebote bewarb sich der Arbeitnehmer, allerdings erst ab Ende Juni 2023. Für den Monat Juni 2023 zahlte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kein Gehalt mehr, so dass der Arbeitnehmer dieses einklagte. Der Arbeitgeber vertrat die Ansicht, der Arbeitnehmer sei verpflichtet gewesen, sich bereits während der unwiderruflichen Freistellung zeitnah auf die ihm übersendeten Stellenangebote zu bewerben. Da er dies nicht getan habe, müsse er sich für Juni 2023 nach § 615 Satz 2 BGB fiktiven anderweitigen Verdienst in Höhe des bei der Beklagten bezogenen Gehalts anrechnen lassen. Gem. § 615 Satz 1 BGB kann ein Arbeitnehmer die Zahlung seines Gehalts verlangen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt und deshalb in Annahmeverzug gerät. Gem. § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer auf das Gehalt jedoch einen [...]

Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Schwangerschaft

2025-04-14T17:13:51+02:0011.04.2025|Tags: , , |

Erlangt eine Arbeitnehmerin schuldlos erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis von einer beim Zugang des Kündigungsschreibens ihres Arbeitgebers bereits bestehenden Schwangerschaft, ist die verspätete Kündigungsschutzklage auf ihren Antrag gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG nachträglich zuzulassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 03.04.2025 – 2 AZR 156/24 – entschieden. Positiver Schwangerschaftstest nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses Die betroffene Arbeitnehmerin ist seit 2012 bei dem Arbeitgeber – einem Kleinbetrieb – angestellt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2022. Das Kündigungsschreiben ging der Arbeitnehmerin am 14.05.2022 zu. Rund zwei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens, am 29.05.2022, führte die Arbeitnehmerin zuhause einen Schwangerschaftstest mit einem positiven Ergebnis durch. Sie bemühte sich sofort um einen Termin beim Frauenarzt, den sie aber erst für den 17.06.22022 bekam. Mit einer E-Mail und einem Einschreiben mit Rückschein vom 29.05.2022 teilte die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber mit, dass sie an diesem Tag einen Schwangerschaftstest durchgeführt hatte, der positiv war. Weiter teilte sie mit, dass sie schnellstmöglich einen Termin bei ihrem Frauenarzt ausmachen werde, um die Schwangerschaft feststellen zu lassen, und das Attest nachreichen werde. Verspätete Kündigungsschutzklage mit Antrag auf nachträgliche Zulassung Am 13.06.2022 erhob die Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage und beantragte die nachträgliche Zulassung der Klage. Am 21.06.2022 reichte sie ein Attest ihres Frauenarztes beim Arbeitsgericht ein, das eine bei ihr am 17.06.2022 festgestellte Schwangerschaft in der „ca. 7 + 1 Schwangerschaftswoche“ bestätigte. Ihr Mutterpass wies als voraussichtlichen Geburtstermin den 02.02.2023 aus. Die Rückrechnung vom 02.02.2023 um 280 Tage ergab den Beginn der Schwangerschaft am 28.04.2022. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 14.05.2022 also schwanger. Die Arbeitnehmerin vertrat den Standpunkt, die Kündigungsschutzklage sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG nachträglich zuzulassen. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, die Vorschrift sei nicht einschlägig. Die Arbeitnehmerin [...]

Betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit?

2025-04-14T11:22:43+02:0009.03.2021|Tags: , |

Arbeitgeber können eine betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses trotz der Einführung von Kurzarbeit aussprechen. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Urteil vom 26.06.1997, Az.: 2 AZR 494/96, entschieden. Allerdings muss in solchen Konstellationen sehr genau hinterfragt werden, ob und warum sich die ursprüngliche Prognose eines nur vorübergehenden Arbeitsausfalls als unrichtig erwiesen hat. Betriebsbedingte Kündigung nur bei dauerhaftem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit Fällt der Bedarf an der Beschäftigung eines Arbeitnehmers infolge der Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers dauerhaft weg, kann eine betriebsbedingte Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Demgegenüber kommt der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung nicht in Betracht, wenn der Beschäftigungsbedarf nur vorübergehend wegfällt. Unterschied zwischen vorübergehendem Arbeitsausfall und dauerhaftem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit Ein Arbeitsausfall ist nur vorübergehend, wenn nach der Prognose des Arbeitgebers eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Rückkehr zur Vollarbeit nach Ablauf der maximalen Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes besteht. Kurzarbeitergeld kann derzeit aufgrund einer Verordnung vom 12.10.2020 bis Ende 2021 für maximal 24 Monate bezogen werden. Rechnet also beispielsweise ein Arbeitgeber mit einem Rückgang der Corona-bedingten Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitsplätze innerhalb der nächsten sechs Monate, kann er keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen. Ist demgegenüber von Anfang an erkennbar, dass die Wiederaufnahme der Vollarbeit während der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes nicht möglich ist, so ist der Arbeitsausfall nicht lediglich vorübergehend (BSG, Urteil vom 17.05.1983, Az.: 7 RAr 13/82; 2.2 „Fachliche Weisungen Kurzarbeitergeld (Kug)“ der Bundesagentur für Arbeit). Geht der Arbeitgeber also zum Beispiel davon aus, dass er erst nach 2,5 Jahren zur Vollarbeit zurückkehren kann, liegt ein dauerhafter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit vor. In diesem Fall kann der Arbeitgeber grundsätzlich betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Arbeitgeber muss Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsausfall im Kündigungsschutzverfahren entkräften Spricht ein Arbeitgeber während laufender Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung aus, wird diese Kündigung in den allermeisten Fällen mit [...]

Kündigung oder Abmahnung bei Verstoß gegen Corona-Schutzvorschriften

2025-04-15T08:41:37+02:0016.12.2020|Tags: , , |

Während der Corona-Pandemie haben Arbeitnehmer sog. arbeitsschutzrechtlichen Pflichten. Sie haben sich selbst zu schützen. Sie haben aber auch alle anderen Arbeitnehmer des Betriebs zu schützen. Verstöße gegen pandemiebedingte Vorgaben muss der Arbeitgeber sanktionieren. Die richtige Sanktionsmaßnahme ist zunächst die Abmahnung. Begeht ein Arbeitnehmer nach der Abmahnung eine weitere Pflichtverletzung, kommt eine Kündigung in Betracht.

Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigungserklärung bei Einwurf in den Hausbriefkasten

2020-12-15T22:10:09+01:0004.11.2019|Tags: , , |

Ein Kündigungsschreiben geht einem Arbeitnehmer zu, sobald es in seinen Briefkasten eingeworfen wurde und für den Arbeitnehmer unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit bestand, von dem Kündigungsschreiben Kenntnis zu nehmen. Auf die individuellen Verhältnisse des Arbeitnehmers z.B. eine Verhinderung infolge Krankheit kommt es für die Frage des Zugangs nicht an. Maßgeblich sind die allgemeinen Postzustellzeiten am Wohnort des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 22.08.2019 – Az.: 2 AZR 111/19). Zugang einer Kündigung am selben Tag bei Einwurf in den Hausbriefkasten um 13:15 Uhr? Der gekündigte Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Frankreich war lange Jahre bei seinem Arbeitgeber beschäftigt, dessen Betrieb sich in Baden-Württemberg befindet. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer mit Schreiben vom 27. Januar 2017, einem Freitag, außerordentlich und fristlos. Das Kündigungsschreiben wurde an diesem Tag von einem Mitarbeiter des Arbeitgebers gegen 13:25 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen. Die Zustellung durch die Post am Wohnort des Arbeitnehmers ist bis etwa 11:00 Uhr vormittags täglich beendet. Sofern ein Arbeitnehmer geltend machen will, dass eine Kündigung unwirksam ist, so muss er gemäß § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben. Der betroffene Arbeitnehmer erhob erst am Montag, den 20. Februar 2017, Klage bei dem Arbeitsgericht. Zur Einhaltung der 3-wöchigen Klagefrist berief er sich darauf, er habe das Kündigungsschreiben erst am Montag, den 30. Januar 2017 in seinem Briefkasten gefunden. Das Kündigungsschreiben sei ihm nicht am 27. Januar 2017, sondern frühestens am nächsten Morgen (Samstag) zugegangen. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage des Klägers ab. Das Landesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung u.a. damit, es könne nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit einer Kenntnisnahme von Schriftstücken, die in den Hausbriefkasten eines Arbeitnehmers eingeworfen würden, bis 17:00 Uhr gerechnet werden. Auf die Postzustellungszeiten am Wohnort des Arbeitnehmers käme es nicht an. Das Bundesarbeitsgericht hat [...]

BETZ Kanzlei für Arbeitsrecht

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